Dienstag, 26. Dezember 2023

3D Scannen und Drucken

In den Vereinigten Staaten ist es ein Weihnachtsbrauch, den Weihnachtsbaum mit einer Weihnachtsgurke (englisch 'Christmas Pickle') etwas versteckt zwischen den Zweigen zu behängen.

Auf der Suche nach Möglichkeiten den Schmuck selbst herzustellen bin ich auf die Idee gekommen eine Erdnuss 3D zu scannen, und sie später vergrößert auszudrucken.

Professionelle Scanner  werden für mehrere hundert Euro angeboten. Photogrammetrie lässt sich jedoch auch mit einer einfachen Kamera oder dem Smartphone betreiben. Dazu werden viele gute Fotos aus unterschiedlichen Perspektiven benötigt. Mit einer geeigneten Software wie z.B. Meshroom  kann aus übereinstimmenden Strukturen (englisch 'feature'), die Position des Objekts relativ zur Kamera bestimmt werden. Dabei gilt, was nicht mindestens auf 2 Fotos erkennbar ist, fehlt später im 3D Modell, und die Überlappung von benachbarten Bildern sollte mehr als 50% betragen. Auch sollte die Oberfläche möglichst nicht einfarbig sein, und keine Reflexionen oder Schatten aufweisen. Aufnahmen bei indirekter Beleuchtung oder an einem bewölkten Tag sind daher nötig. Glatte Oberflächen können mit Mattierungsspray behandelt werden um konstante features zu erzeugen.

Das untenstehende Bild aus einem Einführungsvideo von 'OpenScan' zur Thematik zeigt eine errechnete Punktwolke.

Allerdings wurden im gezeigten Beispiel nicht genügend Aufnahmen von der Innenseite des Objekts gemacht.

Für die Aufnahmen empfiehlt sich ein niedriger ISO Wert um das Bildrauschen gering zu halten, und ein hoher Blendenwert für gute Tiefenschärfe. Die Einstellungen der Kamera sollten während der Aufnahmen nicht verändert werden. 

Ich möchte das Objekt vor der Kamera drehen. Daher habe ich mir ein preisgünstiges Stativ für das Smartphone und ein LED Ringlicht besorgt.

Im Lieferumfang des Stativs ist auch ein Fernauslöser für das Smartphone enthalten, der über Bluetooth gekoppelt werden kann.

Einen passenden Drehteller habe ich mir selbst konstruiert, und die *.stl Dateien im Thingiverse hinterlegt.

Für den Drehteller habe ich eine Kreisscheibe mit einer kleinen Achse aus PLA gedruckt. Die Scheibe mit ca. 11 cm Durchmesser wird auf einen vorhandenen Kunststoffring geklebt. Die Aufnahmeplatte der Achse ist ebenfalls gedruckt, und auf eine weiß laminierte Spanplatte geschraubt. In die Aufnahmeplatte habe ich ein Kugellager eingepresst.

Das zu scannende Objekt soll in der Höhe der Kameraposition rotieren. Ich habe dazu einen Fuß und ein Kopfteil für einen einen ca. 15 cm langen, dünnen Glasfaserstab hergestellt. 

Am Kopfteil des Stabes wird das Objekt, also die Erdnuss, mit Patafix Klebepads befestigt.

Eine weiße Papierbahn dient als einfarbiger, gleichmäßig streuender Hintergrund für die Aufnahmen. Das gesamte Setup sieht dann wie folgt aus. 

Durch Drehen des Tellers in Schritten von ca. 20°, gefolgt von mehrmaliger Änderung des Kippwinkels der Kamera im Stativ, lassen sich viele Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven aufnehmen. 

Die anschließende Verarbeitung der Bilder mit 'Meshroom' kann mehrere Stunden auf dem eigenen Rechner in Anspruch nehmen. Bei Verwendung einer App wie KIRI Engine lässt sich diese Arbeit in die 'cloud' auslagern. In der kostenlosen Version der App können bis zu 70 Bilder hochgeladen und verarbeitet werden. Wöchentlich ist der Export von drei *.obj Dateien möglich. Der Download der *.obj Datei erfolgt über einen link der per e-mail zugestellt wird. Der Screenshot unten zeigt die Voransicht eines mit KIRI Engine erstellten Modells der Erdnuss.

Es ist ratsam beim upload der Bilder die Option 'remove background' auszuwählen, denn  dadurch wird verhindert das dem Modell, wie in 'Projekt1' unten zu sehen, Teile eines nicht perfekt ausgeleuchteten Hintergrunds anhaften. 

Die weitere Datenaufbereitung habe ich mit Autodesk Fusion 360 erledigt. Die Version für Privatpersonen ist nach Registrierung bei Autodesk kostenlos nutzbar.

Mit 'Einfügen'- 'Netz einfügen' kann eine *.obj Datei importiert werden.

Das Model der Erdnuss sieht dann wie folgt aus.

Es empfiehlt sich als nächstes den Koordinatenursprung einzublenden, das Objekt in den Ursprung zu ziehen, und es entlang der z-Achse auszurichten. Zur Kontrolle kann man das Objekt aus verschiedenen Seiten betrachten. Um das Objekt auf die beabsichtigte Größe von ca. 8 cm skalieren zu können, habe ich mir eine bemaßte Referenzlinie eingezeichnet. Mit 'Netz'-'Netz Skalieren' kann das Objekt anschließend auf die gewünschte Größe gezogen werden.

Im nächsten Schritt muss noch der Sockel, der dem Objekt anhaftet, entfernt und das Netz geschlossen werden. Dazu wählen wir 'Netz'- 'Ebenenschnitt', und als Schnittebene z.B. die horizontale Ebene aus. Als 'Schnittebene-Füllungstyp' muss 'Einheitlich' im Optionsmenü gewählt werden um das Netz des Modells zu schließen.

Unter 'Ansicht' - 'Visueller Stil' kann zur genaueren Betrachtung 'Drahtkörper' gewählt,

und anschließend kann das Modell, wenn nötig, noch geglättet werden.

Im Menüpunkt 'Exportieren' wird nun 'STL-ASCII' gewählt, und anschließend die erzeugte *.stl Datei entweder direkt an Cura gesendet, oder als Datei lokal gespeichert werden.

In der Slicer Software 'Cura' wird anschließend der 'G-Code' für den 3D Drucker erzeugt.

Im Vergleich zum Original sieht die vergrößert gedruckte Erdnuss dann wie unten gezeigt aus.

Ein recht gutes Ergebnis wie ich finde.


Viel Spaß beim selber scannen und drucken...

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